Energie zum halben Preis – Zukunft beginnt jetzt (Teil 1)
Energie könnte so preisgünstig sein, wenn wir in Deutschland nicht versuchen würden, mit einem Sonderweg die Welt verbessern zu wollen. Leider werden wir aktuell überwiegend durch das Mittel „Angst“ regiert, die wohl stärkste Emotion, mit der man eine Menschenmenge an sich binden kann. Die Emotion Hoffnung ist da viel schwächer. Zukunft sollte aber nicht in Angst ersticken, sondern von Hoffnung getragen werden.
Fangen wir mit dem Thema Energie, und damit einem von weit verbreiteter Angst getriebenen Thema, an. Als Insider der Endlagerung kerntechnischer Abfälle, kritisiere ich seit 1995 die Arbeit des damaligen Bundesamtes für Strahlenschutz. Ich war selber überrascht, als ich 2014 auf einen Ansatz gestoßen bin, der diese Endlagerung überflüssig machen wird. Die Wissenschaft und Technik schreitet immer weiter voran. Das wissen die Fachleute in Jülich, da man schon in den 1960er Jahren in dieser Richtung dort gedacht und auch experimentiert hatte. Warum hat man damals nicht weiter daran gearbeitet? Auch diese Frage konnte beantwortet werden. Es handelte sich um die Entwicklung einer neuen Reaktorlinie und man hatte schon eine funktionierende Linie, nämlich die Leichtwasserreaktoren.
Warum lehnt der Mainstream in Deutschland Kernkraft ab? Er lehnt sie sogar gut begründet ab. Auch hier wieder das Thema Angst, aber an dieser Stelle durchaus berechtigt. Warum? Japan und die Ukraine sind uns in Deutschland ins Gedächtnis eingeprägt. Dazu kommt das Thema Endlagerung mit Forderung nach Sicherheit über mehrere 100.000 Jahre. Das ist so, da wir bislang die Kernkraft unter militärischen Optimierungsgedanken entwickelt und betrieben haben. Wir hatten bis vor wenigen Jahrzehnten den Kalten Krieg. 30 Jahre später ist das weiten Teilen der Bevölkerung nur noch kaum präsent. Daher gab es damals die Leichtwasserreaktoren, die aus dem ursprünglichen Natururan nur rund 1% tatsächlich nutzen, bzw. aus den daraus gewonnenen Brennstäben gerade mal rund 3%. Der Rest ist aktuell in Deutschland Abfall und müsste in ein Endlager.
Kein langlebiger Abfall
Kerntechnik zivil optimiert sieht ganz anders aus. Es bleibt kein langlebiger Abfall und schon vorhandener Abfall wird zunächst bevorzugt in solch einer Anlage eingesetzt. Allein die im deutschen Abfall noch enthaltene Energie reicht für eine energetische Vollversorgung Deutschlands für mehrere 100 Jahre. Vollversorgung bedeutet nicht nur Strom, sondern alle Energie, wie Raumwärme, Prozesswärme, Mobilität usw. Diese neuen Reaktoren können, im Gegensatz zu den bisherigen Reaktoren, uns rein von der Physik her nicht um die Ohren fliegen. Man könnte grundsätzlich auf die bisherige Sicherheitstechnik verzichten und Fehler der Bedienmannschaft, die zu Folgen in der Umgebung führen würden, sind nicht möglich. Der Reaktor baut so klein, dass er gut auch gegen Terror geschützt werden kann. Die kleine Variante mit ca. 300 Megawatt elektrisch / 600 Megawatt thermisch baut als Reaktor nur 1,2m x 1,2m x 1,2m. Das kann tief in die Erde gebaut und gut abgeschirmt werden. Die große Variante mit rund 1,5 Gigawatt elektrisch baut mit nur 3m x 3m x 3m nicht wirklich größer. Die zugehörigen Turbinen usw. haben natürlich die auch heute übliche Größe.
In zahlreichen Kontakten wird, nachdem man diese Information hat, deutlich gefordert: „Warum bauen wir nicht einen Prototypen, um dann eine saubere Entscheidung treffen zu können?“
Das sagen mir gerade Kernkraftkritiker. Bei Kernkraftgegnern, bei denen es eher in die Richtung Glaubensfrage geht, wird es schwieriger. Trotzdem finden sich in letzter Zeit deutliche Spuren, dass der Mainstream in der Bevölkerung ein ganz anderer ist, als unsere Regierenden es versuchen uns weiszumachen. Fukushima mit seinem gerade runden Jubiläum war manch einem Medienvertreter einen Artikel wert. Auch wenn dabei immer wieder die Toten der Flutwelle in so dichten Zusammenhang zum Kernkraftwerk gebracht werden, dass der Laie dabei nicht trennt, erstaunte eine Umfrage dann doch. Das im GRÜN/LINKEN Leserspektrum angesiedelte Blatt, der Berliner „Tagesspiegel“ hatte eine Umfrage gestartet. Drei Antworten waren möglich. War der Ausstieg nach Fukushima richtig, also ja? Egal, weiß nicht? Nein wir sollten weiterhin an und mit der Kernkraft arbeiten? Das Ergebnis überraschte: nur 16% fanden den Ausstieg richtig. 12% waren sich nicht sicher. 72% hingegen befürworteten weiterhin die Kernkraft. Diese Umfrage ist sicherlich nicht repräsentativ und welche Überraschung und Reaktion bei den Machern dieser Zeitung danach erfolgte, habe ich nicht weiter verfolgt.
Eine ähnliche Situation gab es in der Zeitung DIE WELT kurz nach Ostern 2019. Hier wurde über die neuen Reaktoren berichtet. Also eine zusätzliche Information aus der Gegenwart. Der Leser musste also nicht nur auf sein Jahrzehnte altes Wissen zurückgreifen. Das Ergebnis mit dieser zusätzlichen Information lag dann bei über 95% Zustimmung. Ob das an den wenig schönen Windrädern liegt? Dazu werde ich mich in einer der nächsten Folgen äußern.
Auch scheint die Frage langsam in politischen Kreisen anzukommen. Bei Herrn Merz sind diese neuen kerntechnischen Möglichkeiten angekommen und werden seit Dezember 2019 immer wieder und in aller Deutlichkeit vorgebracht. WELT AM SONNTAG vom 15. Dezember 2019, Markus Lanz zwei Tage vor dem letzten Bundesparteitag der CDU und in seinem aktuellen Buch auf Seite 36, um nur einige leicht überprüfbare Stellen aufzuzeigen.
Von Volker Eyssen